Lions Club Gera

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Neuigkeiten vom Lions Club Gera


31.03.2017

100 Jahre Lions - DIE ZUKUNFT MUTIG WAGEN

Lions in turbulenten Zeiten: Integration, Toleranz, künstliche Intelligenz
Wulf Mämpel | LIONS 3/2017

Die moderne Welt, in der wir leben, ist „kleiner” geworden, sie ist globalisiert und doch: Sie droht erneut in Engstirnigkeit, Kleinstaaterei und nationalem Egoismus zu versinken. Versinken? Das sicher nicht, denn gottlob sind die Kräfte, die solchen populistischen Bestrebungen und nationalen Alleingängen entgegenwirken, immer noch in der Mehrzahl. Sollte man meinen. Es ist schon merkwürdig: Die Errungenschaften nach dem Zweiten Weltkrieg, ein beständiger Friede in Europa, die Wiedervereinigung Deutschlands ohne Bürgerkrieg, der Aufbau Ost, Deutschlands Rolle als wirtschaftliche Lokomotive in den Vereinigten Staaten von Europa, das Wirtschaftswunder und das Ansehen, das wir in der Welt erfahren - all das steht mit einem Mal auf dem Prüfstand, wird diskreditiert, zertwittert und in einer oft naiv-dümmlichen Form, dazu immer wieder auch anonym auf Stammtischniveau kommentiert. Dieser neue Ismus, dieser „Immerschlimmerismus“, wie Matthias Horx es formuliert, befindet sich auf dem Weg in die politischen Machtzentralen. Gerade in Amerika, dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten, dem Einwandererland par excellence, wird eine Mauer diskutiert, die ja nicht nur die Grenze nach Mexiko abschirmen soll, sondern viel mehr droht, sich in den Köpfen zu etablieren. Waren es nicht europäischer Geist, Fortschritt, Glaube und Mut, der die USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Mittel- und Südamerika, Afrika, den Orient und auch Teile Asiens aus dem mittelalterlichen Dornröschenschlaf aufweckten? Als Europa die neue Welt entdeckte - bei allen fürchterlichen Exzessen, zu denen Menschen zu jeder Zeit fähig sind, und Gewalttaten, die diese Expansion begleiteten - war es der Mut mehrerer Generationen, Zukunft zu wagen, zu gestalten, zu leben. Dass der Mensch auf diesem Weg oft die Humanität seiner persönlichen Gier opfert, ist das Böse in uns, das sich stets mit dem Guten streitet. Doch das Gute hat stets gesiegt, wäre es nicht so, wir würden längst nicht mehr diesen wunderschönen Erdball bevölkern. Hinzu kommt, dass wir heute mit dem Irrweg liebäugeln, der „gefühlten Wahrheit“ mehr Wert zuzusprechen als der „nackten Wahrheit“ (nuda veritas). Dabei müsste es eigentlich jeder begriffen haben: Die Wahrheit ist nicht teilbar! Würde diese Wende tatsächlich Allgemeingut, dann hätten Betonköpfe die Oberhand gegenüber Kreativen gewonnen. Stagnation bedeutet auch heute noch Rückschritt. Das heißt aber nicht, blindlings einen guruhaften Fortschrittsglauben anzunehmen und den Glauben an Humanität, Integration, Toleranz, Solidarität und soziale Gerechtigkeit populistischen Tendenzen und Moden zu opfern. Allein diese Diskussion beweist, wie anfällig auch der moderne Mensch dafür ist, Rattenfängern auf den Leim zu gehen. Und das bei einem noch nie dagewesenen Kommunikationsangebot durch die modernen Medien. Verblöden wir also auf hohem Niveau? Auch für manche Politiker wäre es klüger, Horaz zu folgen und „die Zunge zu hüten“! Undankbar ist der Mensch, untreu und nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Offenbar müssen wir mit diesen Negativa leben. Und doch gibt es Menschen, die anders sind, die sich einbringen, die hingucken, die anpacken, die helfen und sogar Zeit und Geld opfern - für andere, für Schwächere, für Kranke und Arme. Ich meine das riesige Heer der Ehrenamtlichen, ohne die unsere Welt kälter wäre! Die großartige Idee von Melvin Jones, vor 100 Jahren die Lions-Bewegung zu gründen, war sicher auch der damaligen gesellschaftlichen Lage geschuldet. Und heute? Heute gibt es immer noch dieselben Probleme, doch neue Sorgen und Nöte sind hinzugekommen. Denn noch immer gilt das alte lateinische Wort: „Homo homini lupus“ - der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. Bildung, Ausbildung und Weiterbildung sind heute durch die internationale Konkurrenz auf einem anderen Level angekommen. Und doch kommt bei aller Notwendigkeit ein wichtiger Teil zu kurz: die Herzensbildung. Sie scheint an Wert verloren zu haben. Woran liegt das? Sind es wirklich die Ellenbogen, die zum wichtigsten Körperteil avancierten? Haben wir den klugen Umgang mit dem Unvorhersehbaren verloren? Die Weichen sind nicht mehr für Jahre oder gar Jahrzehnte in die gleiche Richtung gestellt: Berufe, familiäre Bindungen - all das ist instabiler geworden und erfordert daher die Fähigkeit, individuell flexibler auf Megatrends zu reagieren. Können wir das lernen? Sicher doch, aber wir müssen bereit sein, offen und ehrlich zu reagieren und nicht egoistisch oder gar ängstlich. Wo aber finden wir heute den Halt, um diese Probleme nicht immer gleich mit einer Krise oder gar einer Katastrophe gleichzusetzen? In der Kirche, im Glauben? Wenn der Mensch seinen Glauben leugnet, verliert er das Maß der Dinge! Wenn die Kirchen schon in Konkurrenz zu einander stehen – bei der Frage etwa, ob der Katholik, der Lutheraner, der Mormone oder der Adventist der bessere Christ ist – wird das religiöse Manko offenbar: Der Himmel sollte nicht teilbar sein! Diese alten Gedanken im alten Europa zu äußern, mag verblüffen. Doch wir müssen sie wieder öffentlich artikulieren, wir müssen sie mutig vertreten, denn es droht neues Ungemach: Roboter ante portas! Die Fortschritte auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz werden immer noch belächelt oder als Science Fiction kopfschüttelnd abgehakt. Doch in drei, in fünf, sicher aber in zehn Jahren wird sie unseren Alltag überrollt haben. Wie stellen wir uns darauf ein? Wie immer bei allem Neuen: ablehnend? Die Angst vor neuen Technologien ist so alt wie die Menschheit selbst. Die Menschen haben Angst vor dem „teuflischen Fortschritt“, sie fürchten, dass sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Fazit: Was das Leben erleichtern soll, wird mit Ablehnung honoriert. Angst steckt wohl in unseren Genen. Als die Lokomotive das Pferd ersetzte, war es ebenso. Als der Webstuhl erfunden wurde, waren sofort die Maschinenstürmer auf dem Plan. Angst vor dem Neuen muss daher ernst genommen werden. Da hilft nur die Aufklärung. Doch wir dürfen trotz des Fortschrittsglaubens nicht zu Opfern sich selbst optimierender Roboter werden, wir müssen uns ihres möglichen Würgegriffs entziehen, ihre Kraft für uns nutzbar und sie zu nimmermüden Untertanen aus Metall, Kupfer, Plastik und Elektronik machen. Zukunftsforscher haben daher Hochkonjunktur. Doch wer ist der gute Geist, der uns darauf vorbereitet? Es müssen kluge Zeitgenossen sein, denen das Neue nicht Angst macht, die aber gleichzeitig das Bewährte nicht unüberlegt nur einer Idee des Neuen opfern. Die Politiker müssen ihre Bürger auf diesem Weg zur friedlichen Robotik mitnehmen, was allerdings voraussetzt, dass sie dafür die menschliche und fachliche Kompetenz besitzen. Unser Ziel muss daher sein, diesen gewaltigen Wandel positiv zu erleben und nicht nur wie Schafe in einer großen Herde zu erdulden. Für uns Lions bedeutet das, sich diesen Herausforderungen, diesen Themen zu stellen, sie in unsere Clubs zu tragen und ihnen mit Herz und Verstand zu begegnen. Was in den letzten 100 Jahren gelang, sollte uns für die kommenden 100 Jahre nicht Angst bereiten. Denn jeder auf seinem Platz kann die Welt ein Stück weit besser machen!






 
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