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Neuigkeiten vom Lions Club Gera
Ich mag mich irren, aber das Wort Harmonie habe ich in letzter Zeit sehr selten gelesen. In unseren Tagen, in den Tagen der Falschmeldungen, der Wichtigtuerei, des Populismus, der Häme, der Un-dankbarkeit und der Respektlosigkeit ist die Harmonie zwischen die sich immer schneller drehenden Räder geraten und zu einem Fremdwort geworden. Harmonie scheint out zu sein, langweilig, etwas für Gestrige und Warmduscher. Dabei - etwas mehr Ebenmaß könnte unsere Erde friedlicher, sauberer, sozialer, toleranter und liebenswerter machen. Doch wer soll uns die Harmonielehre erklären?
Weltpolitisch stehen wir - wie zu jeder „Gegenwart“ übrigens - vor großen Scherbenhaufen, reiben uns die Augen über die neuen despotischen Machthaber auf Zeit und staunen über deren Machenschaften, die das Gegenteil von Harmonie bedeuten: Nur, sie begannen allesamt in Garagen und werden eines Tages in Hochhäusern scheitern - wie gehabt. Wie ihre Vorgänger, die vielen Neros der Geschichte, auch. Disharmonie bestimmt unseren Alltag, bewusste Provokationen, üble Nachreden, stümperhafte Recherche, mangelhafte Streitkultur, fehlende Solidarität und gelebte Toleranz.
Nun bedeute Harmonie ja nicht nur Gleichklang von Körper und Seele, sie soll ja nicht die unterschiedlichen Auffassungen glattbügeln, verhindern oder beeinflussen, sondern die Form des Diskurses bestimmen: Achtung vor Andersdenkenden ebenso wie Respekt vor Herkunft, Fremdsein und Schwäche. Humanismus war und ist die gelebte Form der Harmonie, die ja eher theoretisch seit den Kindertagen der Philosophie diskutiert wurde. Sie in die Abläufe der realen Welt zu übertragen, das ist die Kunst, die auch Pragmatismus heißen kann, ohne gleich einem ungebremsten Erfolgszwang das Wort zu reden. Oder diesen unglaublichen illegalen Machenschaften im Darknet. Ist es denn wirklich nötig, Waffen, Bomben, menschliche Nieren und ähnliche „Dinge“ ungestraft bestellen zu können?
Harmonie bedeutet eben nicht Wegschauen, Gleichschalten, Schmusekurs oder Zweckoptimismus. Harmonie heute kann auch Verständnis bedeuten, praktische Hilfe, Nächstenliebe, Engagement, Ehrenamt und Optimismus - kurzum das, was wir unter Zivilisation verstehen. Die am lautesten brüllen, übertönen nur ihre eigenen Defizite.
Die Harmonie zwischen Alltag und Einklang mit der Natur ist zurzeit ein großes internationales Thema. Gut so, doch es gibt auch viele andere Felder, in denen die Harmonie kein Thema mehr ist. Vielleicht führt die moderne Deutung der Harmonie zu dem Glück, das wir heute in vielen Bereichen vermissen. Die Harmonie des Kosmos ist also zu übertragen auf unsere chaotische Erde. Das wäre ein lohnendes Ziel, gleichwohl wissend, dass der Mensch sich ständig in einem Kampf zwischen Gut und Böse befindet. Dieser Kampf macht unser Dasein so spannend.
Harmonie ist also die Kunst des Lebens in gemeinsamer Verantwortung und daher ein immer wieder erstrebenswertes Ideal und ein uralter kultureller Grundbegriff! Harmonie gilt eben nicht nur in der Musik: Auch im normalen Alltag kann ein „Orchester“ nur Erfolg haben, wenn die Harmonie der vielen Instrumente stimmt. Das gilt für die Städte und Regionen, für Europa und die Welt schlechthin.
Wulf Mämpel